Milford Trek – Über einen Ort, an dem es noch mehr regnet als in Hamburg

22 04 2011

Der Milford Trek ist ein neuseeländisches Sahnehäubchen. Einer der „Great Walks“ und angeblich „the finest walk in the world“. Das lässt ja einiges erwarten und weil ihn deswegen jeder machen will, muss man den Trek auch lange vorher reservieren. Das hatten wir schon im Dezember getan und unseren Wunschtermin sogar da nicht mehr bekommen… Eine nahe Freundin hatte den Trek ebenfalls empfohlen und geschrieben, dass er großartig sei. Sie war allerdings ein bisschen enttäuscht, weil es bei ihr gar nicht geregnet hatte und sie so die vielen Wasserfälle, die dann entstehen, gar nicht sehen konnte. Naja, im Visitor Center liest man bei den Hinweisen zum Trek „expect at least one day of rain“, insofern ist gar kein Regen schon eine Enttäuschung und im übrigen ziemlich normal. Für unseren Trek waren drei Tage Regen angesagt, teilweise „heavy rain“. Hurra, hurra, der Trek wird grossartig!

Allerdings gab es im Visitor Center auch Bilder von einigen Abschnitten des Wegs in der Vorher-Nachher-Ansicht: Vergnügte Wanderer bei Sonnenschein auf trockenen Wegen und auf dem nächsten Bild hüfttief im Fluss stehende, durchnässte Wanderer, die sich am Stahlgeländer der Brücke festklammern (selber Ort, gleiche Perspektive). Uns wurde immer klarer, auf was wir uns eingelassen hatten… Naja, wer uns kennt, der weiß, dass unsere Freude über den Regen gelogen war (…aber so was von gelogen…. :-).

Am nächsten Morgen starteten wir mit vollem Gepäck im Bus, der uns ein Stück am See zum Fähranleger brachte. Von hier aus nahmen wir das Schiff (unglaublich entspannte, freundliche Crew an Bord, freie Heißgetränke…) bis zum Startpunkt unserer Wanderung. Am ersten Tag waren nur 1,5 Stunden zu bewältigen. Die Sonne zeigte sich ab und zu am sonst grauen Himmel und wir ließen uns Zeit, gemütlich durch den Farnwald zu laufen.

Als am späten Nachmittag der „Hut warden“ Peter mit allen, die wollten, auf einen Nature Trail ging, fing es an zu tröpfeln. Beim Abendessen regnete es bereits beständig. Als Peter zum Hut Talk vorbei kam, nahm er uns jegliche Hoffnung für den morgigen Tag. Er kündigte Regen an und verbot, die Hütte vor 7.30 Uhr zu verlassen, er müsse erst die Überschwemmungslage überprüfen und sehen, ob es ungefährlich sei, weiterzugehen. Bezüglich der Ausrüstung gab er uns einen guten Tipp: „And then you put on what you think your waterproof gear is.“ Aha. Im übrigen informierte er uns noch, dass hier, an der Clinton Hut „nur“ 6m Regen pro Jahr fielen (im Vergleich: Hannover 0,6m und selbst Hamburg hat erstaunlicherweise nur 0,75m), eine Tageswanderung weiter seien es 8m und an der westlichsten Hütte des Milford Treks 9m.

Der nächste Morgen, brachte…. Regen. Anfangs sperrten wir uns noch gegen den Aufbruch, aber alle Überlegungen, noch abzuwarten, wurden sinnloser und sinnloser: Erstens war keine Besserung in Sicht und zweitens waren 3 Tage Regen angesagt, die Vorhersage gab also auch keinen Grund zur Hoffnung. Peter ließ uns jedenfalls gehen, es schien also unwahrscheinlich, dass wir auf dem Weg ersaufen würden. Nun gut, wir wussten, das muss hier so sein und fügten uns so vergnügt wie möglich. Immerhin bekamen wir sensationelle Fotos vom REGENwald. Leider gelang es nur anfangs, die Kameras vor Wassereinbruch zu bewahren. Das Wasser auf den Wegen stieg kontinuierlich. Wir versuchten, um die Pfützen, Seen, Bäche auf den Wegen herumzukommen und hatten damit immer weniger Erfolg. Erste Nässe stieg langsam in die Schuhe, Klamotten wurden feuchter und feuchter, die Laune nahm langsam Schaden. Da überholte uns freudestrahlend eine junge Neuseeländerin in Leggins und kurzer Hose, die schnurstracks durch den See auf dem Weg ging und dabei klar ihre halbhohen Schuhe flutete. Wir empfanden Respekt und bemühten uns weiter um Trockenheit. 100 m weiter war uns klar, warum sie so unbekümmert war: Knietiefes Wasser auf voller Breite des Weges! Keine Chance, keine Wahl – wir mussten unsere Schuhe ebenso fluten. Am Anfang nahmen wir´s noch mit Humor, als später weder der Regen noch der Weg enden wollten, verloren wir auch die Leidenschaft für die tausendfach strömenden Wasserfälle und wollten einfach nur noch ins Trockene…. Dort (in der Mintaro Hut) bemühten wir uns den Rest des Abends, wenigstens die wichtigsten Kleidungsstücke wieder zu trocknen. Das war bei 40 Leuten und einem Ofen nur begrenzt möglich.

Der nächste Morgen brachte eine Überraschung: Berge! Hohe Berge! Die waren am Tag vorher in den Wolken. Es schien so, als würde sich der Regen allmählich legen. Auf dem Weg zum Pass verschwanden die Wolken. Die feuchten Klamotten wurden langsam am Körper trocken und die noch nassen Schuhe immerhin warm. Die Chancen auf Ausblicke vom Pass stiegen stetig. Als wir oben waren, konnten wir unser Glück kaum fassen: Freie Sicht auf alle Gipfel! Wolken stiegen aus dem Tal auf, und verliehen dem unglaublichen Bergpanorama zusätzlich das gewisse etwas.

Abends erreichten wir zufrieden die letzte Hütte. Sollte der morgige Tag ebenso wenig mit den vorhergesagten Schauern durchzogen sein wie heute, hätten wir durchaus nichts dagegen. Unser Hut Warden Ian beglückwünschte uns, so weit gekommen zu sein. Unser einer Regentag sei mit 80mm übrigens ein ganz normaler Tag in Fiordland gewesen. Einmal hätten sie einen Sturm gehabt, bei dem es 640mm in 24 Stunden geregnet hätte… (mehr als in Hannover in einem Jahr!!!).

Der vierte Tag führte uns noch einmal durch den Wald bis zum Sandfly Point, der seinem Namen alle Ehre machte. Mit dem Boot ging es über den berühmten Milford Sound… wo am anderen Ufer schon Jessis Eltern standen und winkten.