Unangenehme Erfahrungen, Teil 1

20 09 2010

Kleiner Bericht von einer bemerkenswerten Busfahrt

Wer kürzlich den Blog gelesen hat, hat ja schon von unserer Dschungel-Tour gelesen.   Die Wahl des Ortes hierfuer folgte einer langen mentalen Vorbereitungszeit, denn die Region, in die der Trip gehen sollte, ist verschrien als gefaehrlich, besonders der Hauptort der Region, Lago Agrio, den  man auf jeden Fall passieren muss, wenn man dort oben in den Dschungel will. Gut, nach einer Menge Gespraechen mit Leuten, die dort gereist sind, schien klar: Organisierte Reisen ohne Ferienaufenthalt in Lago Agrio sind sicher durchfuehrbar, heisst: Transit per Bus ist ungefaehrlich. Gesagt, gebucht, gefahren, wunderbare Zeit gehabt, (siehe unten). Von der Hinfahrt waren wir einiges an Unkomfort gewohnt, der innere Anblick unseres Rueck-Busses liess sogar mehr Ungemach erahnen. Merkt euch den Namen der Bus-Company, falls ihr jemals hierher kommen solltet: PUTUMAYO, ich wiederhole: PUTUMAYO!

Bei ca 30 Grad im Bus (Nachtfahrt!) hat man s ja eigentlich gern komfortabel, aber dieser Bus war eng, stickig, und übelst unbequem. 10 Minuten nach der Abfahrt war ausserdem klar: Wir haben erneut die Plaetze unter den Lautsprechern erwischt und da auch der Equadorianer in der letzten Reihe gerne laut Salsa hoert, mussten halt unsere Ohren bluten. Immerhin war es GUTE Salsa-Musik.

Geruch draengte sich auch auf… Dann der erste Stop nach unserer Dschungel-Haltestelle: Der Parkplatz der Buskompanie in Lago Agrio. 20 Minuten Aufenthalt. Als naechstes der Busbahnhof von…. Lago Agrio. Der Busfahrer stieg erstmal aus, liess sich in Sichtweite zum Abendessen nieder. 45 Minuten Pause. Dann endlich ging es weiter… Wir fuhren einmal um den Busbahnhof rum, hielten dort, Viertelstunde Pause. Schliesslich-endlich ging es weiter! Der Busfahrer wendete den Bus, hielt an, stieg aus… 10 Minuten Pause… Und dann tatsaechlich, nach anderthalb Stunden ging es wirklich weiter…

Dauerte aber nicht lange, dann hielten wir wieder. Ein freundlicher Herr ganz in Camouflage hielt den Bus an. Das war der Moment, als unser Busschaffner mit einem seiner Kunden Richtung Toilette sprintete und diesem bedeutete, sich dort zu verstecken. Raffiniert, muss man erstmal drauf kommen! Dafür aber musste natürlich die Tür des Bus-Abortes geöffnet werden….. Der Gestank sprang uns an wie ein wildes Tier. Passenderweise fuehlte ich mich erinnert an einen PumaKaefig, wenn der Tierpfleger im Urlaub ist. Ohne zu zoegern, stuerzte sich der arme Mann in die dichten Rauchschwaden, die aus dem Klo drangen.

Wir verliessen den Bus, denn ein anderer Herr in Camouflage, die Maschinenpistole laessig wie ein modisches Accesoire geschultert, forderte uns freundlich dazu auf. Draussen warteten weitere dieser Herren, untersuchten unser Gepaeck und kontrollierten unsere Paesse. Danach durften wir wieder einsteigen. Nach einigen Minuten oeffnete sich die Toilettentür und der arme Fluechtling wankte angeschlagen den Mittelgang hinunter, eine Wolke aus grün pulsierendem Gestank mit sich schleppend.

Wer gedacht hatte, das sei es gewesen, hatte sich aber getauescht: Nur eine Stunde spaeter: Militaerkontrolle! Diesmal durften sich zwei Gepeinigte die Hoelle teilen, darunter wieder der arme Mann von der ersten Kontrolle. Die bewaffneten Herren, die uns nun kontrollierten, waren schon etwas bestimmter, aber leider schlechter organisiert. Irgendwie fehlte so richtig der Chef, alle wollten mal. Deswegen waren wir ganz froh, als wir wieder einsteigen durften, wir alle schaetzen schliesslich den Eindruck, dass Bewaffnete wenigstens wissen, was sie tun.  Ich bewunderte, wie lange die beiden im Klo die Luft anhalten konnten. Der Frischling konnte glaube ich nicht, er verliess sofort nach der Kontrolle den Bus und verschwand heulend im Unterholz. Unser Mann von der ersten Kontrolle hatte wenigstens tiefrote Augen bekommen und schwitzte in kleinen Baechan auf der Stirn. Sein Atem ging zunehmend roechelnd…

Die dritte Kontrolle um 4 Uhr morgens wurde fuer uns alle zur Bewaehrungsprobe. Die bewaffneten Herren hatten sich alle Muehe gegeben, den Eindruck einer paramilitaerischen Organisation zu erwecken. Derjenige, der zu uns in den Bus kam, hatte eine Maske auf, die nur die Augen freiliess und er sprach nicht, sondern nickte nur kurz in Richtung Tuer. Man muss ja auch nicht immer viele Worte um alles machen. Ausserdem  wussten wir ja nun, wie es geht. Ausgestiegen , standen wir an einem Tisch, denn wir waren direkt in der Zentrale dieser symphatischen Organisation gelandet und dort stand schon alles bereit, inclusive Dekoration: Das Wappen der Organisation zeigte einen Totenkopf mit Barret drauf, drumherum stachelige Rosen, alles fein auf Holz gemalt, in den Massen 1,50 x 2,00 Meter. Das Gemaelde und die maskierten Kaempfer verfehlten ihre Wirkung nicht: Wir fuehlten uns unwohl.  Ach ja, ein spezieller Moment war der, als ich meine Kameratasche oeffnen sollte: Der Herr mir gegenueber erblickte den Kameragriff: armiertes Gummi und Metall, das kannte er von Waffen, wie der, die er selber trug. Er wich merklich zurueck und ich beeilte mich, das ganze Geraet zu zeigen, um unangenehme Reaktionen zu vermeiden. Vom Bus aus konnte man den Namen der Organisation lessen, bei der wir zu Gast gewesen waren:

Anti-Drogen-Einheit Equador. Ach so, von wegen Paramilitaers… War aber eine beeindruckende Vorstellung…. Der Mann, der 10 Minuten spaeter kriechend das Klo verliess, brauchte keine Drogen mehr. So lange kann niemand den Atem anhalten. Schaum drang aus allen sichtbaren Koerperoeffnungen  auf seinen Haenden waren dicke, schwarze Haare gewachsen. Kein Wunder, dass die Militaers das Klo nie kontrollieren. Sie haben zwar Waffen, aber die helfen nicht, wenn das Gefaehrlichste im Puma-Kaefig nicht der Puma ist… Der Busschaffner konnte für unseren Freund nichts  mehr tun und warf in aus der Tuer, solange er benommen genug war, um uns nicht gefaehrlich werden zu koennen.

Nun ist auch klar, warum die Region Sucumbios als gefaehrlich gilt: Wenn aus jedem dieser Busse allnächtlich zwei solcher PUTUMAYO-Klo-Zombies entspringen, dann sind ist es dort schon reiner Selbstmord, sein Auto nur kurz zum Pinkeln zu verlassen, oder eben mal Waesche aufzuhaengen! Das weiss offenbar auch das deutsche Aussenministerium, das die Reisewarnungen verfasst!



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